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Offenbare Unrichtigkeit beim Steuerbescheid

Nach § 129 der Abgabenordnung (AO) kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Steuerbescheids unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei Fehlern zu Lasten eines Steuerbürgers ist das Finanzamt verpflichtet, den Bescheid zu berichtigen. 

Nach § 173a AO ist ein Steuerbescheid zu korrigieren, wenn ein Steuerbürger bei der Erstellung seiner Steuererklärung einen Rechen- oder Schreibfehler macht und deshalb der Finanzbehörde rechtserhebliche Tatsachen nicht mitteilt.

In beiden Fällen ist eine Korrektur allerdings nur innerhalb der Festsetzungsfrist möglich. Diese beträgt im Normalfall bei der Einkommensteuer vier Jahre und beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung abgegeben worden ist.

Keine Rolle spielt es dabei, ob der Steuerpflichtige eine elektronische Steuererklärung eingereicht oder eine Papiererklärung abgegeben hat.

Fehler im Sinne des § 129 AO

Schreibfehler sind insbesondere Rechtschreibfehler, Wortverwechselungen beziehungsweise Wortauslassungen oder fehlerhafte Übertragungen. Rechenfehler sind insbesondere Fehler bei der Addition, Subtraktion, Multiplikation oder Division sowie bei der Prozentrechnung.

Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten sind mechanische Versehen, wie beispielsweise Eingabe- oder Übertragungsfehler. Eine offenbare Unrichtigkeit kann daher vorliegen, wenn der Sachbearbeiter den Eingabewertbogen falsch ausfüllt oder Daten versehentlich nicht oder falsch in ein Computerprogramm eingibt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist ein mechanisches Versehen zu bejahen, wenn der Sachbearbeiter es versehentlich unterlassen hat, die für die Veranlagung eines Jahres vorliegenden Unterlagen auszuwerten, die ihm vom Steuerpflichtigen im Laufe des Jahres übersandt wurden. Gleiches gilt für das Übersehen einer für den Veranlagungszeitraum einschlägigen Kontrollmitteilung oder eines relevanten Grundlagenbescheids. Auch die widersprüchliche oder gar unterlassene Auswertung der von Punkten eines Betriebsprüfungsberichts kann eine offenbare Unrichtigkeit sein.

Eine offenbare Unrichtigkeit mit der Folge einer Berichtigungspflicht liegt auch vor, wenn das Finanzamt einen Teil der Prüfungsfeststellungen schon während der Außenprüfung in einem Änderungsbescheid berücksichtigt, dann aber die Ergebnisse des abschließenden Prüfungsberichts entgegen der Aktenlage durch eine Korrektur des Änderungsbescheids noch einmal in vollem Umfang und damit doppelt umsetzt.

Keine Korrektur von Denkfehlern

Keine offenbaren Unrichtigkeiten sind Fehler bei der Auslegung oder (Nicht-)Anwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung, die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts sowie Fehler, die auf mangelnder Sachaufklärung beruhen. Eine Berichtigung nach § 129 AO – und auch nach § 173a AO – ist bereits dann ausgeschlossen, wenn auch nur die ernsthafte und nicht nur theoretische Möglichkeit besteht, dass ein derartiger Fehler vorliegt.

Fehler muss offenbar sein

Ein Fehler ist dann offenbar, wenn er auf der Hand liegt, durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist. Für einen unvoreingenommenen Dritten muss er sich ohne weiteres aus der Steuererklärung, deren Anlagen sowie den in den Akten befindlichen Unterlagen für das betreffende Veranlagungsjahr ergeben. Es kommt nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige die Unrichtigkeit anhand des Bescheids und der ihm vorliegenden Unterlagen erkennen konnte.

Fehler beim Erlass des Steuerbescheids

Die offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 129 AO muss beim Erlass des Steuerbescheids unterlaufen sein. Daher können nach dieser Korrekturvorschrift nur Fehler berichtigt werden, die der Finanzbehörde unterlaufen sind. Eine offenbare Unrichtigkeit kann aber auch dann vorliegen, wenn das Finanzamt eine in der Steuererklärung oder dieser beigefügten Anlagen enthaltene offenbare, das heißt für das Finanzamt erkennbare Unrichtigkeit als eigene übernimmt. 

Tipp: Übersieht das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung, dass der Steuerpflichtige in seiner vorgelegten Gewinnermittlung die bei der Umsatzsteuererklärung für denselben Veranlagungszeitraum erklärten und erklärungsgemäß berücksichtigten Umsatzsteuerzahlungen in Gänze nicht als Betriebsausgabe erfasst hat, liegt insoweit eine von Amts wegen zu berichtigende offenbare Unrichtigkeit vor. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch dann, wenn in diesem Fall noch Ermittlungen zur Höhe des tatsächlich zu berücksichtigenden Betrags erforderlich sind. 

Eine offenbare Unrichtigkeit liegt dagegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige nicht sämtliche Umsatzsteuer-Vorauszahlungen bei den Betriebsausgaben außer Acht gelassen, sondern im Rahmen seiner Steuererklärung einen Gesamtbetrag eingesetzt hat, der nicht von vornherein unrealistisch war.

Fehler des Steuerpflichtigen

Nur wenn das Finanzamt ein Versehen des Steuerpflichtigen übernimmt, obwohl der Fehler für den Sachbearbeiter ohne weiteres erkennbar war, ist eine Berichtigung nach § 129 AO möglich. Sind dem Steuerpflichtigen hingegen bei der Erstellung seiner Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen und hat er demzufolge dem Finanzamt bestimmte Tatsachen nicht oder mit einem unzutreffenden Wert mitgeteilt, kann der Steuerbescheid nicht nach dieser Vorschrift berichtigt werden. Das Finanzamt konnte den Fehler dann nicht erkennen und sich diesen somit auch nicht zu Eigen machen.

Seit einer Neuregelung durch das Steuermodernisierungsgesetz aus dem Jahre 2016 gibt es jedoch für diese Fälle mit § 173a AO eine besondere Korrekturnorm. Die Vorschrift ist erstmals auf Steuerbescheide anzuwenden, die ab 2017 erlassen worden sind.

Tipp: Das schlichte Vergessen eines Übertrags selbst ermittelter Besteuerungsgrundlagen in die Steuererklärung ist nach Auffassung der Finanzverwaltung im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) kein Schreib- oder Rechenfehler im Sinne des § 173a AO. In derartigen Fällen ist aber eine Berichtigung nach § 173 AO zu prüfen. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide zu ändern, soweit dem Finanzamt Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren oder zu einer niedrigeren Steuer führen.