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sondern das Ergebnis geplanter Arbeit

Verfassungsbeschwerde bei Vorenthaltung vorhandener Messdaten erfolgreich

In dem Beschluss Lv 1 /18 beschäftigt sich der Verfassungsgerichthof des Saarlandes mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Herausgabe vorhandener Messdaten zur Überprüfung der Plausibilität des Messergebnisses im Rahmen einer Rotlichtverstoßes (Poliscan F1 1 HP).

Dabei ging es um die Frage, ob und in welchem Umfang das Gericht verpflichtet ist, dem Ver­teidiger bzw. dem Sachverständigen zur Überprüfung der Messung vorhandene Messdaten zur Verfügung zu stellen. Dabei stellt das Gericht klar, welche verfassungsrechtlichen Vorgaben das Gericht einzuhalten hat, um den Grundsatz auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren nicht zu verletzen.

Die Verteidigung hatte mehrfach Antrag auf Zurverfügungstellung der kompletten Messdaten gestellt. In der Hauptverhandlung beantragte die Verteidigerin erneut, ihr die Messdaten voll­ständig durch Herausgabe einer lesbaren Falldatei mit Token-Datei und Passwort sowie der Statistikdatei zur Verfügung zu stellen und das Verfahren auszusetzen, bis die gewünschten Daten vorlägen. Der Aussetzungsantrag wurde durch Beschluss abgelehnt und der weitere Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht beschieden. Daneben wurde der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass ein standardi­siertes Messverfahren bereits deshalb nicht vorliege, weil ein Eichschein zum Standort nicht existiere und damit ein Verstoß gegen die Bauartzulassung vorliege, zurückgewiesen.

Das Verfassungsgericht hat klargestellt, dass die Nichtzugänglichmachung einer lesbaren Fall­datei mit Token-Datei und Passwort sowie der Statistikdatei das Gebot eines fairen Verfahrens und das Gebot des rechtlichen Gehörs verletzt, da ein Anspruch auf Herausgabe auch von noch nicht bei der Akte befindlichen Messdaten besteht. Demnach hätte dem Antrag der Verteidigerin auf Aussetzung der Hauptverhandlung bis zum Erhalt der Messdaten stattgeben werden müssen. Gleiches gilt für den streitigen Eichschein zur Überprüfung im Rahmen des beantragten Sachverständigengutachtens.

Es ist willkürlich und unfair und begründet einen Gehörsverstoß, wenn nach Nichtzugänglich­machung der Messdaten der Beweisantrag auf Einholung eines technischen Gutachtens zur weiteren Überprüfung der Messung auf Fehlerhaftigkeit mit der Begründung abgelehnt wird, es liege ein standardisiertes Messverfahren vor.

Das Gericht schließt sich ausdrücklich und entgegen des Saarländischen Oberlandesgerichts der Rechtsprechung des OLG Oldenburg (Beschluss vom 06.05.2015-2 Ss (OW i) 65/15-juris) an, wonach in einem solchen Fall der Ablehnungsgrundes § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG für Beweis­­anträge nicht zur Verfügung steht. Aufgrund der begründeten Verfassungsbeschwerde wurde die Sache nach Aufhebung der Entscheidung an das Fachgericht zurückverwiesen.

Für die Praxis stellt sich nunmehr die Frage, inwieweit diese Rechtsprechung Anwendung auf die Fälle finden wird, in denen von Anfang an die Hersteller der Messgeräte den Zugang zu wesentlichen technischen Informationen in Form der Rohmessdaten durch Verschlüsselung blockieren oder beim Speichern der Falldatei diese Daten bereits löschen (z.B.: Leivtec XV3 Vers. 2.0).