Erfolg ist kein Zufallsprodukt,
sondern das Ergebnis geplanter Arbeit

Betriebskostenabrechnung

Bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts machte die vorbehaltlose Rückzahlung des Vermieters oder Nachzahlung des Mieters auf eine Betriebskostenabrechnung „den Sack zu“. Die Rechtsprechung sah solche Zahlungen als Schuldanerkenntnis an. Eine Korrektur war nicht mehr möglich.

Für das Wohnraummietrecht hat der Bundesgerichtshof (BGH) diese Rechtsprechung Anfang des Jahres 2011 verworfen. Das höchste deutsche Zivilgericht hat entschieden, dass eine vorbehaltlose Guthabenzahlung weder als deklaratorisches Schuldanerkenntnis noch als Verzicht des Vermieters auf weitergehende Ansprüche zu werten ist (Urteil vom 12. Januar 2011 – Aktenzeichen: VIII ZR 269 / 09). Auch der Mieter kann noch eine Korrektur der Betriebskostenabrechnung zu seinen Gunsten fordern, wenn er nach seiner Zahlung Fehler in der Abrechnung feststellt.

Während damit für das Wohnraummietrecht die Frage geklärt war, blieb sie im Bereich der Gewerbe- und Geschäftsraummiete umstritten. Denn für das Wohnraummietrecht hatte der BGH mit einer Rechtsvorschrift argumentiert, die nur im Bereich der Wohnraummiete gilt.

Der BGH hatte jetzt Gelegenheit, die Frage auch für die Geschäftsraummiete zu klären.

Der Vermieter eines Ladengeschäfts in Hamburg rechnet September 2010 über die Nebenkosten 2009 ab. Die Abrechnung endet mit einem Guthaben zu Gunsten des Mieters in Höhe von rund 50 Euro. Diesen kleinen Betrag überweist der Vermieter sofort. Anschließend reklamiert der Mieter die Abrechnung. Bei der Überprüfung stellt der Vermieter fest, dass die Reklamation nicht begründet ist und erkennt darüber hinaus, dass er bei seiner Abrechnung die Grundsteuer vergessen hat. Er übersendet dem Mieter im Oktober 2010 eine korrigierte Abrechnung, die mit einer Nachzahlung von rund 375 Euro endet. Diesen Betrag und die zu Unrecht gezahlten 50 Euro verlangt der Vermieter zurück. Der Mieter wehrt sich. Sowohl das Amtsgericht Hamburg als auch das Landgericht Hamburg geben dem Mieter Recht. Der Vermieter gibt sich nicht geschlagen und bringt den Fall vor den BGH.

Dort hat der Vermieter Erfolg. Der BGH hält fest, dass weder eine vorbehaltlose Nachzahlung des Mieters noch eine vorbehaltlose Guthaben-Auszahlung durch den Vermieter für sich genommen zu einem Schuldanerkenntnis führe (Urteil vom 10. Juli 2013 – Aktenzeichen: XII ZR 62 / 12). Eine spätere Korrektur der Betriebskostenabrechnung ist demnach für beide Seiten möglich. Es fehle bereits an einer entsprechenden Willenserklärung. Die Abrechnung sei eine reine Wissenserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Bindungswillen. Auch die Zahlungsvorgänge seien reine Erfüllungshandlungen ohne einen Erklärungswert des Inhalts, den Abrechnungszeitraum unstreitig stellen zu wollen.

Nur bei besonderen Umständen, etwa bei einer vertraglichen Regelung oder sich bei vertraglichen Erklärungen über den Abrechnungsaldo, etwa in Form von Stundung oder Ratenzahlungsregelung, könne eine verbindliche Vereinbarung über den geschuldeten Betrag vorliegen. Eine andere Möglichkeiten tritt ein, wenn sich die Mietvertragsparteien nach einem längeren Streit über einzelne Abrechnungspositionen einigen.

Der BGH folgt damit auch für den Bereich der Geschäfts- und Gewerberaummiete einer Tendenz, wonach die bloße Zahlung kein Anerkenntnis der Schuld bedeutet.

Die damit gewonnene Einzelfallgerechtigkeit wird erkauft mit einer gewissen Unsicherheit. Denn nun muss die Betriebskostenabrechnung mit der Zahlung nicht erledigt sein. Bis zum Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist muss jede Vertragspartei noch damit rechnen, dass die jeweilige Gegenseite die Abrechnung prüft und, unter Korrektur der Abrechnung, Zahlung für sich reklamiert.

Abzuwarten bleibt, ob die neue Tendenz auch auf die Abnahme des Mietobjekts bei Rückgabe der Mietsache durchschlägt. Bisher sieht es die Rechtsprechung als Verzicht an, wenn der Vermieter Mängel nicht reklamiert – auch wenn er sie nur übersehen hat. Im Lichte der neuen Rechtsprechung dürfte sich diese Auffassung nicht mehr lange halten.