Erfolg ist kein Zufallsprodukt,
sondern das Ergebnis geplanter Arbeit

Sozialgericht

In Artikel 20 des Grundgesetzes sind einige unumstößliche Grundsätze festgelegt. Zwei dieser Grundsätze, die sozusagen „Ewigkeitscharakter“ genießen, sind das Rechtsstaats- und Sozialstaatsprinzip. Jeder Bürger hat das Recht, sich an Gerichte zu wenden, wenn er sich - auch vom Staat selbst - in seinen Rechten verletzt fühlt. Für Streitigkeiten, die mit sozialen Themen zu tun haben, gibt es die Sozialgerichte.

Gerade dann, wenn es um Leistungsansprüche auf dem Gebiet der Daseinsfürsorge geht, gibt es immer wieder rechtliche Probleme und Streitigkeiten mit Behörden und Versicherungsträgern. Hier nur einige Beispiele:

  • die Arbeitsagentur lehnt die Bewilligung von Arbeitslosengeld;
  • die Krankenkasse weigert sich, ein bestimmtes Medikament zu bezahlen;
  • die Pflegekasse will für eine bestimmte Pflegeleistung nicht aufkommen;
  • es bestehen Streitigkeiten über den Bestand oder die Höhe eines Rentenanspruchs mit der Rentenversicherungsanstalt;
  • Versorgungsamt und Betroffener streiten über den Grad einer Behinderung.
 

Bevor eine Sache vor Gericht verhandelt wird, muss natürlich versucht werden, das Problem mit der Behörde selbst zu klären.

Noch ehe ein formeller Widerspruch gegen eine Entscheidung eingelegt wird, sollte man versuchen, durch ein Gespräch mit dem zuständigen Mitarbeiter eine Lösung zu erreichen. In vielen Fällen reicht schon ein freundliches Telefonat, um Missverständnisse aufzuklären. Ist dies nicht der Fall, muss dem Bescheid formell widersprochen werden.

Ab Bekanntgabe eines Bescheids beginnt eine Frist zu laufen: die Widerspruchsfrist. Wenn innerhalb eines Monats nach Eingang des behördlichen Schreibens keine Reaktion erfolgt, ist der Bescheid bestandskräftig - nur in krassen Ausnahmefällen (zum Beispiel bei fehlender Rechtsmittelbelehrung) kann dann noch gerichtlich gegen den Bescheid vorgegangen werden. Wenn die Zeit knapp wird, reicht ein einfaches Schreiben mit etwa folgendem Inhalt: „Hiermit lege ich gegen die Entscheidung vom (Datum) Widerspruch ein. Eine Begründung wird nachgereicht.“ Eine Begründung ist zwar formell nicht vorgeschrieben, sie ist aber in jedem Fall ratsam.

Der - übrigens kostenlose - Widerspruch bewirkt, dass der Fall noch einmal von der Behörde selbst überprüft wird.

Behörden und Versicherungsträger haben meist eigene Widerspruchsabteilungen, in denen ausgebildete Juristen tätig sind. Gerade deshalb sollte man auf die Begründung besonderen Wert legen und eventuell fachlichen Rat in Anspruch nehmen. Selbsthilfegruppen, Sozialverbände, Interessenvertretungen und Rechtsanwälte sind kompetente Ansprechpartner, die bei der Formulierung und inhaltlichen Gestaltung der Begründung behilflich sein können.

Im Erfolgsfall hilft die Behörde dem Widerspruch ab - sie erkennt also den geltend gemachten Anspruch an, und eine Klage erübrigt sich. Wenn die Behörde jedoch immer noch der Meinung ist, dass der Anspruch nicht besteht, weist sie den Widerspruch zurück. Damit ist das behördliche Verfahren abgeschlossen.

Dann bleibt nur noch die Klage vor dem Sozialgericht.

Wieder gilt eine Frist von einem Monat, diesmal ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids, innerhalb der die Klage beim Sozialgericht erhoben werden muss. Die Adresse des Gerichts lässt sich dem Widerspruchsbescheid entnehmen.

Hier ein Formulierungsbeispiel für die Klageerhebung: „Ich erhebe hiermit Klage gegen den ablehnenden Bescheid der (Behörde) vom (Datum) und den Widerspruchsbescheid vom (Datum). Der beantragte Anspruch steht mir zu. Ich bitte daher, die (Behörde) entsprechend zu verurteilen.“ Dem kann sich eine Begründung (oder ein Verweis auf ein späteres Nachreichen derselben) anschließen. Die bereits genannten Ansprechpartner können auch hier wieder behilflich sein. Es gibt auch bei den Sozialgerichten selbst Rechtsantragsstellen, die unterstützend tätig werden können.

Es empfiehlt sich oft, bei berufs- und sozialpolitischen Verbänden oder bei Gewerkschaften wegen eines Rechtsbeistands oder Rechtsanwalts zur Prozessführung nachzufragen. Ein Anwaltszwang besteht jedoch nicht.

Wie läuft das Verfahren vor dem Sozialgericht ab?

Das Gericht ist gesetzlich verpflichtet, den Sachverhalt vollständig aufzuklären. So wird bei Verfahren, die medizinische Fragen betreffen, der Kläger oft vom Gericht gebeten, die ihn behandelnden Ärzte zu benennen und von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden. In manchen Fällen müssen Sachverständigengutachten eingeholt werden. Die Sachverständigen (und die zu beantwortenden Fragen) werden dabei vom Gericht festgesetzt. Der Kläger kann - wenn das Gutachten für ihn negativ ausfällt - beantragen, dass ein weiteres Gutachten erstellt wird, diesmal von einem Arzt seines Vertrauens. Allerdings sollte beachtet werden, dass man gegebenenfalls für die Kosten dieses zweiten Gutachtens selbst einstehen muss.

Nach Ermittlung des Sachverhalts setzt das Gericht einen ersten Erörterungstermin fest, in dem im Rahmen einer Beweisaufnahme auch Zeugen gehört werden können. In diesem Termin wird die Sache ausführlich besprochen. Vor allem gibt das Gericht eine Stellungnahme über die Erfolgsaussichten der Klage ab, die den Beteiligten eine Entscheidung über ihr weiteres Vorgehen ermöglicht: Klagerücknahme, Anspruchsanerkennung durch die Behörde oder - was sehr oft der Fall ist - ein Vergleich im gegenseitigen Einvernehmen. Auch eine Verfahrensbeendigung durch einen Gerichtsbescheid ist möglich, wenn keine rechtlichen Probleme bestehen und der Sachverhalt klar ist.

In allen anderen Fällen legt das Gericht einen Verhandlungstermin fest.

Hier setzt sich das Gericht aus einem Berufs- und zwei ehrenamtlichen Laienrichtern zusammen. Letztere haben die gleichen Rechte wie der Berufsrichter, sind an keinerlei Weisungen gebunden und nur Recht und Gesetz unterworfen.

Der Berufsrichter stellt den Laienrichtern zunächst den Sachverhalt dar (Anträge, bisherige Ermittlungen, Gutachten und so weiter). Danach können sich die Parteien äußern. Nur wenn nicht Klagerücknahme, Anerkenntnis oder ein Vergleich den Prozess beenden, erfolgt ein gerichtliches Urteil, das nach einer Beratung durch die Richter verkündet und mündlich kurz begründet wird. Im späteren und ausführlichen, schriftlichen Urteil findet sich in der Rechtsmittelbelehrung ein Hinweis darauf, ob gegen das Urteil noch ein Rechtsmittel möglich ist.

Für Berufungen ist das Landessozialgericht (LSG) zuständig. Auch dieses Gericht kann den Sachverhalt weiter ermitteln und zum Beispiel ärztliche Informationen einholen. Wie beim Verfahren in der ersten Instanz kann das Landessozialgericht einen Erörterungs- und eventuellen Verhandlungstermin bestimmen. Spruchkörper beim LSG ist der Senat. Anders als beim Sozialgericht haben hier die Berufsrichter eine Mehrheit. Es entscheiden nämlich drei Berufs- und zwei Laienrichter.

Die letzte Instanz: das Bundessozialgericht

Wer vor dem Landessozialgericht verliert, kann nur noch vor das Bundessozialgericht in Kassel ziehen: Entweder mit einer Revision, wenn diese im Urteil des LSG zugelassen wurde, oder mit einer Beschwerde - eben gegen die Nichtzulassung der Revision.

Wann gibt es Prozesskostenhilfe?

Die Leistungsempfänger, Versicherten oder behinderten Menschen, die an einem Sozialgerichtsverfahren beteiligt sind, müssen für die Gerichtskosten nicht aufkommen. Auch die eigenen Anwalts- oder Rechtsbeistandskosten müssen nur dann getragen werden, wenn der Prozess verloren wird. In diesem Fall ist die Möglichkeit gegeben, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Für die Prozesskostenhilfe prüft das Gericht vorweg aber auch die Erfolgsaussichten des Verfahrens. Prozesskostenhilfe wird also für aussichtslose Rechtsstreitigkeiten gar nicht erst gewährt. Auch kann eine einmal gewährte Prozesskostenhilfe wieder aufgehoben werden, wenn sich persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse im Nachhinen ändern. Gleiches gilt, wenn eine Rechtsschutzversicherung besteht.