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sondern das Ergebnis geplanter Arbeit

Geschwistertrennung

Folgender, nicht selten vorkommender Sachverhalt liegt der Entscheidung zugrunde: Die Eheleute sind Eltern einer vierzehnjährigen Tochter und eines zwölfjährigen Sohnes. Als die Ehe scheitert und die Scheidung durchgeführt wird, bleiben die Kinder nicht zusammen. Es kommt zur Geschwistertrennung. Dabei ziehen die Tochter zur Mutter und der Sohn zum Vater. Der Unterhalt für die Tochter wurde vom Vater in voller Höhe gezahlt. Er hat eine Vollzeitstelle und ein für den Kindesunterhalt ausreichendes Einkommen. Die Mutter ist halbtags tätig und zahlt für den nach der Geschwistertrennung beim Vater lebenden Sohn keinen Unterhalt. Wegen der Geschwistertrennung hat der Kindesvater von der Kindesmutter den Barunterhalt für den bei ihm lebenden Sohn verlangt.

Dies lehnte seine geschiedene Ehefrau ab. Sie argumentiert, dass sie nicht leistungsfähig ist. Da die Tochter durch die Geschwistertrennung bei ihr lebt, muss sie deren Betreuung sicherstellen. Die Tochter sei noch keine fünfzehn Jahre alt und damit ist die Erwerbsobliegenheit der Kindesmutter nur eingeschränkt vorhanden. Eine Erweiterung ihrer Arbeitszeit ist ihr wegen der Kindesbetreuung nicht möglich und damit auch nicht eine Erhöhung ihres Einkommens. Das Argument einer nötigen Betreuung wurde durch den geschiedenen Ehemann nicht anerkannt und er reichte Klage auf Barunterhalt für den durch die Geschwistertrennung bei ihm lebenden, gemeinsamen Sohn ein. Das Familiengericht hat seinen Anspruch dem Grunde nach bestätigt und die Kindesmutter zur Zahlung von Kindesunterhalt wegen der Geschwistertrennung verurteilt. Die Kindesmutter hat Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren beantragt.

Das zuständige OLG lehnte eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussichten ab (Aktenzeichen 2 UF 146/07).

Das wesentliche Argument für die Ablehnung der Prozesskostenhilfe sieht das OLG darin, dass bei der hier vorgenommenen Geschwistertrennung auch die Kindesmutter eine gesteigerte Verpflichtung trifft, den Barunterhalt ihres Sohnes sicherzustellen. Diese geht über den notwendigen Unterhalt hinaus. Durch die besondere Konstellation der Geschwistertrennung ist sie dazu verpflichtet, den angemessenen Unterhalt des Kindes zu zahlen. Gelingt ihr dies nicht durch das von ihr zurzeit tatsächlich erwirtschaftete Einkommen, steigt ihre Erwerbsobliegenheit bei Geschwistertrennung an. Sie muss alle Möglichkeiten nutzen, um das bestmögliche Einkommen zu erzielen.

Erzielt die Kindesmutter kein Einkommen, das für den vollständigen Unterhalt des nach der Geschwistertrennung bei ihrem geschiedenen Ehemann lebenden Sohn ausreicht, erfolgt eine fiktive Berechnung. In dieser wird ein mögliches, wenn auch noch nicht tatsächlich erzieltes Einkommen für die Unterhaltsberechnung herangezogen. Die Kindesmutter kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie die Betreuung der vierzehnjährigen Tochter zu leisten habe. Nur aus diesem Grund ist es ihr jedenfalls nicht unmöglich gemacht, eine Ganztagsstelle anzunehmen oder einen Nebenjob zu suchen, der ihr Einkommen auf die erforderliche Höhe bringt. Im Zweifel muss sie für ihre Tochter eine Betreuung finden, während sie arbeitet.

Bei der Geschwistertrennung besteht die Besonderheit, dass jeder Elternteil bereits für ein Kind im Naturalunterhalt aufkommt.

Für das andere Kind jedoch muss er Unterhalt zahlen, wenn ihm dies zuzumuten ist. Auch bei Geschwistertrennung muss er den Unterhalt des beim anderen Elternteil lebenden Kindes zumindest in Höhe des Existenzminimums sicherstellen und dafür alle Quellen nutzen. Auch eine Verwendung des Kindergeldes gehört nach Auffassung des OLG dazu.

Die Mutter ist hier durch die Geschwistertrennung ebenso zur Zahlung von Barunterhalt verpflichtet, wie der Kindesvater, der dieser Pflicht gegenüber seiner bei ihr lebenden Tochter nachkommt. Ist tatsächlich eine Beaufsichtigung der Tochter notwendig, so hat die Kindesmutter diese durch die Hilfe von Dritten sicherzustellen, während sie arbeitet. Die Berufung auf die Altersgrenze von 15 Jahren, ab derer sie erst zu einer Vollzeitbeschäftigung verpflichtet ist, gilt bei der Geschwistertrennung nicht. Sie ist ohnehin im Hinblick auf eine Erwerbsobliegenheit für den eigenen Betreuungsunterhalt der Eltern zu sehen. Der Unterhalt des Sohnes ist nach der Geschwistertrennung mit anderen, strengeren Maßstäben zu beurteilen.

Das OLG sieht in der Entscheidung des Familiengerichts zur Geschwistertrennung keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Auffassung rechtlich bedenklich ist. Die Geschwistertrennung führt für die Kindesmutter dazu, dass ihr eine Ganztagsbeschäftigung zur Sicherung des Kindesunterhalts für den Sohn zuzumuten ist. Diese Erweiterung ihrer Beschäftigung ist auch mit den Bedürfnissen der Tochter zu vereinbaren. Dies gilt insbesondere, da durch die Kindesmutter nicht näher dargelegt wurde, warum ihre Tochter eine so umfassende Elternbetreuung nötig hat. In diesem Alter ist es nicht mehr allgemein üblich, dass außerhalb der Schulzeiten ein Elternteil ständig für ein vierzehnjähriges Kind verfügbar ist.